Geschmackssache: Stiehl/Over ergreift Partei.

BOB meint: Der hier hochgelobte Entwurf der FDP hat es immer auf den Platz 10 der peinlichsten Plakate des buzzfeed geschafft, aber immerhin vor den Platz 17 eines Herren mit einer gefährlichen Frisur. Kein Wort über die Kandidaten die per Photoshop ins Bild gezwängt worden sind, kein Wort über das FDP Trump Remake: „Make Osnabrueck great again“.

https://www.buzzfeed.com/philippjahner/noch-ein-plakat?utm_term=.cgXRaWzGX#.khy2DykZB

„Die Stadt ist gepflastert mit Wahlplakaten, aber viele Botschaften klingen verzagt. Wir haben Inhaber von Werbeagenturen eingeladen, Plakatmotive aus Osnabrück mit kritischem Blick zu würdigen. Die Werbeprofis fordern mehr Mut von den Parteien und lassen kein gutes Haar an CDU und SPD.

„Leben, lieben, im Kreise rollen“: Diesen ungewöhnlichen Slogan quittieren zwar viele Osnabrücker mit Kopfschütteln, aber bei den Kreativen aus der Werbebranche trifft der FDP-Politiker Thomas Thiele damit ins Schwarze. „Er schießt den Vogel ab“, meint Reinhard Stiehl von Stiehl/Over und lässt sich im Überschwang sogar zu der Ankündigung hinreißen, Thiele eine seiner drei Stimmen zu geben.

Auf die Nase gefallen

„Gut gemacht“, findet auch Andree Josef von der Agentur „Die Etagen“. Dabei weiß er ebenso wenig wie Stiehl, was der FDP-Mann mit seinem rollenden Kreis gemeint hat. Aber – „dass man sich darüber unterhält, ist es schon wert“, meint Josef. Er ist enttäuscht von der Ideenlosigkeit, die nach seiner Ansicht aus vielen anderen Plakatmotiven spricht. Vielleicht sei das ja bezeichnend für die Politik.

Etwas mehr Verständnis für die Parteien signalisiert Martin Hagenhoff von der gleichnamigen Werbeagentur, der selbst schon für die CDU Wahlwerbung gestaltet hat. Wer einmal mit einem provokanten Spruch auf die Nase gefallen sei, halte sich bei der nächsten Kampagne zurück. Manches verbiete sich, „wenn du die Mitte erreichen willst“. Und dann komme es zu einer Angleichung von Themen und Motiven.

80 gute oder schlechte Gründe

Dass die CDU 80 Kandidatenporträts auf ein Großplakat quetscht und daraus 80 Gründe ableitet, ihre Partei zu wählen, ist für die Agenturchefs eher ein Ausdruck der Einfallslosigkeit, obgleich Andree Josef – möglicherweise augenzwinkernd – konzediert, dass Suchbilder doch für manche Menschen ihren Reiz hätten. Reinhard Stiehl erkennt in dem Massenaufmarsch vor blauem Hintergrund ein anderes Phänomen: „Häufig sieht man der Werbung an, dass die internen Probleme nach außen gekehrt werden“. Da gebe es oft gewisse Befindlichkeiten oder es gelte der Grundsatz, dass alle gleich behandelt werden müssten. Für Werbestrategen eine tödliche Mischung. Sie wollen das Besondere kredenzen, nicht das Beliebige.

Obwohl die CDU mit ihren aktuellen Plakaten bei den drei Spezialisten keinen Blumentopf gewinnen kann und selbst die Typografie durchfällt, gibt es immerhin ein paar anerkennende Worte für gute Platzierung. Etwa, wenn das Motiv zum Neumarkt so auf dem Neumarkt platziert ist, dass es jeder sehen kann.

Hashtag geht unter

Keinen Deut besser kommt die SPD weg. Die Plakate mit den Kandidatenköpfen wirkten wie selbst gebastelt, meint Martin Hagenhoff. Immerhin hätten die Genossen beim Neumarkt-Motiv von Weißgrund auf Rot umgeschaltet, und das passe schon optisch besser. Andree Josef sieht da allerdings ein Problem mit der Glaubwürdigkeit: „Gut für die Menschen, gut für die Gesundheit, gut für die Innenstadt – das sagen alle“. Dass die SPD-Plakate mit dem Hashtag #unserosnabrueck geschmückt sind, findet Reinhard Stiehl „ganz schlecht“. Dieser Link gehe völlig unter und bringe nichts.

Im Gegensatz zu den großen Parteien dürfen die Grünen sogar ein Lob über die handwerkliche Arbeit ihrer Plakatkampagne einstreichen. „Einfach schön“ findet Martin Hagenhoff das Motiv mit einer idyllischen Flusslandschaft. Auch dem Plakat „Grün ist Osnabrück am schönsten“ kann er etwas abgewinnen, obwohl er mutmaßt, dass da ein nicht ganz so professionelles Foto aus Osnabrück auf eine Schablone des Landesverbandes übertragen wurde.

Ein Satz wie „Rad, Bus, Bahn: Guter Plan“ spricht den Text-Spezialisten Reinhard Stiehl an: „Reim geht immer“, lautet sein Kommentar. Andree Josef stößt sich am Motiv „Neumarkt: Platz für Menschen“ – ausgerechnet einem grünen Kernthema. Es zeigt einen belebten Platz, der eindeutig nicht in Osnabrück fotografiert wurde. Das sei bei den Grünen das schlechteste Plakat, findet er.

Gefühl für die Typen

Auch für die Piraten gibt es anerkennende Worte. Sprüche wie „Vertrau keinem Plakat, informier dich!“ kommen bei Reinhard Stiehl gut an, während ihm „Keine Bildung ist zu teuer“ schon eine Spur zu intellektuell anmutet. Insgesamt findet er, dass die Piraten ein Gefühl vermitteln, was sie für Typen sind. Martin Hagenhoff sieht das ähnlich, weiß aber aus Erfahrung: „Aus der Opposition heraus kann man schöne Sachen machen“. So ein Risiko gingen Politiker in Amt und Würden eben nicht ein.

Als mutig stufen die Werbeprofis den Auftritt der FDP ein. „Experimente macht man in der Schule, nicht mit der Schule“ ist für Reinhard Stiehl so ein Beispiel. „Da hat ein Texter dran gesessen“, sagt er anerkennend. Na ja, schwächt sein Kollege Martin Hagenhoff ab, aber der Spruch sei wohl eher in Hannover ausgebrütet worden. Es gibt aber auch FDP-Motive, die durchfallen. Vor allem, wenn ein Kandidat auf seinem Plakat kundtut: „Ihre Interessen sind mir wichtig“. Auch das Interesse eines Profikillers an verminderten Mehrwertsteuersätzen? Reinhard Stiehl schüttelt den Kopf: „Der tritt mir zu nahe“.

Drei Kreuze als Botschaft

Deutlich sparsamer tritt die UWG in Erscheinung. Ihrer Bitte um drei Stimmen kann Reinhard Stiehl immerhin die Botschaft abgewinnen, dass jeder Wähler drei Kreuzchen machen darf. Bei der Neumarkt-Partei Bund Osnabrücker Bürger (BOB) würdigt Andree Josef den Versuch, mit Bildwitz zu arbeiten, aber die kostengünstigen Agenturfotos träfen eher den Geschmack amerikanischer Bürger, frotzelt Reinhard Stiehl. Außerdem müsse man anhalten, um die Aussage der Plakate zu verstehen.

Schlechte Noten gibt es für die Mitte Deutschlands (DMD), deren Motive als „absolut beliebig“ abgekanzelt werden. Und dem von Muslimen gegründeten Demokratischen Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit (BIG) bescheinigen die Werbeprofis, „gewollt sympathisch“ aufzutreten zu wollen, aber wegen der Fotoauswahl wie eine amerikanische Sekte zu wirken: Mit einem Europäer, einer Muslimin, einer Chinesin und einem Afrikaner. Andree Josef glaubt dennoch: Bei der Zielgruppe komme das vielleicht an.“

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Buergernaehe Gebt den Neumarkt frei keine stauzeit lokalstattglobal

BOB meint: Wir haben die schöneren Plakate. Danke Erik!