Parteipolitische Reflexe sind ungeeignet, um eine bürgernahe und pragmatische Lösung für die zukünftige Verkehrspolitik in Osnabrück zu erreichen
NOZ 4.4.2018: „Messung der Luftqualität BOB wirft Osnabrück gezielte Manipulation vor“
In dem von dem Redakteur aufgegriffenen Facebook-Post verwendet der Bund Osnabrücker Bürger weder die Begrifflichkeit „Stadt“ noch den Begriff „gezielte Manipulation“, sondern greift zwei Artikel auf, die die nicht ganz unerwartete Vermutung hegen, dass „straßennah aufgestellte Luft-Messstationen“ „mehr Grenzwert-Überschreitungen als nötig“ ausweisen könnten. So berichten die FAZ und die Bild am Sonntag über eine Expertenanhörung im Bundestag, welche zu dem Schluss kommt, dass schon „auf der gegenüberliegenden Straßenseite nur etwa ein Drittel der Schadstoffwerte gemessen“ werden würde, zudem seien diese „lokale Höchstkonzentrationen und nicht auf anliegende Wohnviertel zu übertragen“.
„Bei allen Schadstoffen dürfen verkehrsbezogene Probeentnahmestellen zur Messung höchstens 10 Meter vom Fahrbahnrand entfernt sein; vom Fahrbahnrand verkehrsreicher Kreuzungen müssen sie mindestens 25 Meter entfernt sein.“: Sie dürfen, müssen aber nicht wie am Schlosswall in knapp einem Meter vom Fahrbahnrand stehen, wo pro Tag bis zu 40.000 PKW, Busse und LKW vorbeifahren – und bei fragwürdigen Grenzwertüberschreitungen vielleicht bald Fahrverbote auslösen.
So heißt es im kompletten Facebook Eintrag: „“In Brüssel erdacht, in Deutschland gemacht, in Italien verlacht”: Auch in Osnabrück hat die Verwaltung alles getan, um möglichst schlechte Werte zu produzieren – in Italien ist der Dieselanteil mit über 50 Prozent deutlich höher als in Deutschland, die Italiener haben aber ihre Messstationen nicht wie am Schlosswall direkt an die Straße gestellt – würde diese Station auf einem Lehrerparkplatz am Ratsgymnasium stehen, hätten wir keine NOX Probleme und keine Abmahnversuche durch die ökokommerzielle Umwelthilfe.“
Um der geschäftstüchtigen Umwelthilfe zu entgehen, muss man aber nicht nach Italien schweifen – so erfreut sich Marburg seit kurzem noch besserer Werte und folgt damit dem Deutschlandtrend: Die Marburger haben ihre Messstation umgestellt: Stand diese – wie am Schlosswall in Osnabrück – vorher an einer Häuserschlucht mit schlechter Belüftung, so wurde diese jetzt auf den Platz an der juristischen Fakultät verfrachtet. Dank dieser originellen Tat entgeht Marburg der Diskussion der Vergleichbarkeit der Standorte und der Frage, ob die festgelegten Nox-Grenzwerte von 40 yg wirklich zielführend sind, denken wir hier an Messungen bestimmter Arbeitsplätze oder auch der Ausstoß durch Kaminfeuer oder des Rauchens (5000yg) .
Das Statistische Bundesamt benennt nicht einen Stickoxidtoten für die letzten Jahre, statt dessen heißt es im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages zum Abgas-Skandal, dass epidemiologisch ein Zusammenhang zwischen Todesfällen und bestimmten Stickstoffdioxid-Expositionen im Sinne einer adäquaten Kausalität nicht erwiesen sei.
Wir halten eine ergebnisoffene Diskussion für notwendig und verwahren uns gegen den parteipolitisch motivierten Missbrauch der Begriffe „Hetze“ (Michael Hagedorn, Stadtratsgrüne) und „Polemik“ (Frank Henning, SPD), um Andersdenkende öffentlich mundtot zu machen. Wir denken weiterhin, dass Ideologien und Investoreninteressen nicht über den Interessen der Osnabrücker Bürgerinnen und Bürger stehen sollten. Die völlig überzogenen Reaktionen auf einen simplen Facebookeintrag sollen vermutlich von der selbstverschuldeten Sackgasse grün-roter Neumarktpolitik ablenken. Wir halten diese lokalpolitischen Reflexe für völlig ungeeignet, um eine bürgernahe und pragmatische Lösung für die zukünftige Verkehrspolitik in Osnabrück zu erreichen.
BOB im April 2018